Autor: Martin Doubrava, Datum: 03. 4. 2020
Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen in der Tschechischen Republik
Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen
- a) Autonomes Recht der Tschechischen Republik
Die Rechtsordnung der Tschechischen Republik geht von dem Grundsatz aus, daß ein Schiedsspruch die Wirkungen einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung hat und ebenso vollstreckbar ist. Das betrifft sowohl in der Tschechischen Republik erlassene Schiedssprüche als auch die Vollstreckung von ausländischen Schiedssprüchen in der Tschechischen Republik, soweit die Gegenseitigkeit gewährleistet ist.
Die Vollstreckung der Schiedssprüche in Streitigkeiten zwischen inländischen Parteien und in Streitigkeiten mit internationalem Bezug ist im Gesetz über Schiedsverfahren und die Vollstreckung von Schiedssprüchen (Nr. 216/1994 Slg.) geregelt.
Der Schiedsspruch wird rechtskräftig, wenn seine schriftliche Ausfertigung den Parteien zugestellt wurde. Für die Vollstreckung der Entscheidung ist erforderlich, daß die schriftliche Ausfertigung des Schiedsspruchs mit einer Rechtskraftklausel versehen ist. Diese Rechtskraftklausel ist von dem Schiedsgericht anzubringen, vor dem das Schiedsverfahren geführt wurde. Im Falle, daß das Schiedsverfahren vor Schiedsrichtern außerhalb eines ständigen Schiedsgerichts durchgeführt wurde, bringt das Schiedsgericht die Rechtskraftklausel auf dem Schiedsspruch an. Die ständigen Schiedsgerichte haben die mit Rechtskraftklausel versehenen Schiedssprüche zusammen mit den den Verlauf des Verfahrens nachweisenden Urkunden für eine Zeit von 20 Jahren ab dem Schiedsspruch gerechnet, aufzubewahren. Einen in einem Schiedsverfahren außerhalb eines ständigen Schiedsgerichts erlassenen Schiedsspruch, der mit der Rechtskraftklausel versehen ist, hat das Schiedsgericht zusammen mit den den Verlauf des Verfahrens nachweisenden Urkunden dem Kreisgericht, in dessen Bezirk der Schiedsspruch erlassen worden ist, in Verwahrung zu geben. Das Gesetz bestimmt hierfür eine Frist von dreißig Tagen ab Rechtskraft des Schiedsspruchs.
Ein rechtskräftig gewordener Schiedsspruch ist vollstreckbar, wenn die dem Verurteilten zur Erfüllung der im Schiedsspruch auferlegten Pflichten eingeräumte Frist erfolglos abläuft. Sofern die Leistungsfrist nicht im Schiedsspruch enthalten ist, können ergänzend die Bestimmungen der tschechischen ZPO angewandt werden, nach der in einem solchen Falle die durch Gerichtsentscheid auferlegte Verpflichtung innerhalb einer Frist von drei Tagen ab Rechtskraft des Urteils zu erfüllen ist. Wurde in der Entscheidung eine Leistungspflicht auferlegt, ist sie vollstreckbar, sobald sie rechtskräftig wird. Die Schiedsordnung des ständigen Schiedsgerichts oder die von den Parteien gewählten Verfahrensregeln können andere Fristen für die Erfüllung der den Parteien im Schiedsspruch auferlegten Pflichten bestimmen, ohne daß die Frist darin ausdrücklich bestimmt wäre.
Vorstehendes gilt für in der Tschechischen Republik erlassene Schiedssprüche. In einem ausländischen Staat erlassene Schiedssprüche werden in der Tschechischen Republik anerkannt und vollstreckt, wenn die Gegenseitigkeit gewährleistet ist. Die Gegenseitigkeit wird auch als verbürgt betrachtet, wenn der fremde Staat gleichfalls ausländische Schiedssprüche unter der Bedingung der Gegenseitigkeit für vollstreckbar erklärt.
- b) Internationales Recht
Die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen ist in einer Reihe von bilateralen Abkommen geregelt, die die Tschechische Republik bzw. die CSFR mit anderen Staaten über gegenseitige Rechtshilfe abgeschlossen hat, ggf. speziell über die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen (z. B. Italien, Portugal, Griechenland, Spanien, Schweiz pp.).
Die Tschechische Republik ist ferner Vertragspartei des UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.06.1958. Daneben ist die Tschechische Republik auch dem Genfer Europäischen Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.04.1961 beigetreten. Soweit die Anerkennung eines ausländischen Schiedsspruchs verfolgt wird, der unter eines der genannten Abkommen fällt, kann das angerufene Gericht die Anerkennung nur aus den in diesen Abkommen genannten Gründen versagen.
- c) Verfahren der Anerkennung
Die Anerkennung eines in- oder ausländischen Schiedsspruchs wird nicht durch eine besondere Entscheidung zum Ausdruck gebracht. Vielmehr erfolgt die Anerkennung dadurch, daß das Gericht die Vollstreckung der Entscheidung anordnet. Die Entscheidung über die Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs muß jedoch vom Gericht begründet werden.
Sachlich und örtlich zuständig für die gerichtliche Vollstreckung ist das Kreisgericht am allgemeinen Gerichtsstand des Verpflichteten. Der allgemeine Gerichtsstand wird durch den Sitz bzw. Wohnsitz bestimmt. Hat eine natürliche Person keinen Wohnsitz, wird der allgemeine Gerichtsstand durch den Aufenthalt bestimmt. Handelt eine natürliche Person als Unternehmer, ist Gerichtsstand in Handelssachen der Ort der Unternehmung, hilfsweise der der Ort des Wohnsitzes.
Hat der Verpflichtete keinen allgemeinen Gerichtsstand in der Tschechischen Republik, so ist zur Vollstreckung der Entscheidung das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Verpflichtete Vermögen hat. Handelt es sich um die Vollstreckung der Entscheidung durch Zuweisung einer Forderung, ist das Gericht am allgemeinen Gerichtsstand des Drittschuldners zuständig. Betrifft der Vollstreckungstitel eine Liegenschaft, so ist das Kreisgericht, in dessen Bezirk sich die Liegenschaft befindet, ausschließlich zuständig.
Das Verfahren über die Vollstreckung der Entscheidung wird auf Antrag des Berechtigten eingeleitet. In § 274 c der tschechischen ZPO wird festgelegt, daß die Bestimmungen über Gerichtsverfahren und die Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen auch auf die Vollstreckung von vollstreckbaren Entscheidungen der Schiedskommissionen und der von ihnen genehmigten Vergleiche angewandt werden.
Handelt es sich um einen in einem fremden Staat erlassenen Schiedsspruch, so hat der Antragsteller außer dem Schiedsspruch auch den Schiedsvertrag vorzulegen. Für das Verfahren über die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche gelten die Vorschriften der tschechischen ZPO. In der Rechtsordnung er Tschechischen Republik sind in dieser Richtung keine weiteren Bedingungen oder höhere Gerichtsgebühren enthalten.
- c) Aufhebung eines Schiedsspruchs und Einstellung der Vollstreckung
- aa) Inländische Schiedssprüche
Die Partei eines Schiedsverfahrens kann bei Gericht innerhalb von drei Monaten ab Zustellung der Schiedsentscheidung deren Aufhebung beantragen. Das Gericht kann die Entscheidung nur aus den in § 31 des Gesetzes Nr. 216/1994 Slg. enumerativ aufgeführten Gründen aufheben:
- der Schiedsspruch wurde in einer Sache erlassen, über die kein gültiger Schiedsvertrag abgeschlossen werden kann (Mangel der Gerichtsbarkeit)
- der Schiedsvertrag ist aus anderen Gründen nicht gültig oder wurde aufgelöst oder bezieht sich nicht auf die vereinbarte Sache (Mangel der Zuständigkeit)
- am Schiedsverfahren nahm ein Schiedsrichter teil, der weder nach dem Schiedsvertrag, noch auf andere Weise zur Entscheidung berufen war, oder nicht die Befähigung hatte, Schiedsrichter zu sein
- der Schiedsspruch wurde nicht von der Mehrheit der Schiedsrichter beschlossen
- der Partei wurde keine Möglichkeit gewährt, die Sache vor den Schiedsrichtern zu erörtern
- der Schiedsspruch verurteilt die Partei zu einer Leistung, die der Berechtigte nicht verlangte, oder zu einer nach inländischem Recht unmöglichen oder nicht erlaubten Leistung
- es wird festgestellt, daß Gründe bestehen, wegen der im Zivilgerichtsverfahren die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt werden könnte.
Das Gericht lehnt den Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs ab, wenn es feststellt, daß die Partei, die die Aufhebung aus dem Grunde des Mangels des Schiedsvertrages oder der Nichtbefähigung des Schiedsrichters verlangt, diesen Grund nicht im Schiedsverfahren, spätestens bevor sie in der Sache selbst zu verhandeln begann, geltend machte, obwohl sie ihn hätte geltend machen können.
Hebt das Gericht den Schiedsspruch aus dem Grunde des Mangels der Gerichtsbarkeit oder der Zuständigkeit des Schiedsgerichts auf, so setzt es das Verfahren in der Sache selbst fort, wenn dies eine Partei beantragt, und trifft eine Sachentscheidung. Bedingung hierfür ist jedoch, daß die Sache in der Entscheidungsgewalt des Gerichts liegt. Wird der Schiedsspruch aus einem anderen Grunde aufgehoben, bleibt der Schiedsvertrag gültig und über die Streitigkeit wird in einem neuerlichen Schiedsverfahren entschieden. In diesem folgenden Schiedsverfahren sind diejenigen Schiedsrichter ausgeschlossen, die am ursprünglichen Verfahren beteiligt waren. Sofern die Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben, werden die Schiedsrichter auf die im Schiedsvertrag vorgesehene Weise bestimmt, gegebenenfalls nach dem Gesetz über das Schiedsverfahren und die Vollstreckung von Schiedssprüchen.
Die Einreichung eines Antrags auf Aufhebung des Schiedsspruchs hat ex lege keine aufschiebende Wirkung auf die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs. Das Gericht kann jedoch auf Antrag des Verpflichteten die Vollstreckung aussetzen, wenn durch die unverzügliche Vollstreckung des Schiedsspruchs ein schwerwiegender Schaden zu entstehen droht.
Die Partei, gegen die die Vollstreckung der Entscheidung angeordnet wurde, kann die Einstellung der Vollstreckung beantragen und zwar auch dann, wen sie keinen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs einreichte. Außerdem kann die Vollstreckung der Entscheidung eines in der Tschechischen Republik erlassenen Schiedsspruchs auch aus folgenden Gründen gem. § 268 der tschechischen ZPO eingestellt werden:
- Der Schiedsspruch ist mit einem der Mängel behaftet, wegen der ein Schiedsspruch aufgehoben werden kann. Dies gilt wenn der Schiedsspruch in einer Sache verkündet wurde, über die kein gültiger Schiedsvertrag abgeschlossen werden kann oder wenn der Schiedsspruch nicht von der Mehrheit der Schiedsrichter beschlossen wurde. Außerdem gilt dies wenn der Schiedsspruch eine Partei zu einer Leistung verurteilt, die der Berechtigte nicht verlangte oder zu einer nach inländischem Recht unmöglichen oder nicht erlaubten Leistung.
- Die Partei, die einen gesetzlichen Vertreter haben muß, wurde im Verfahren nicht von einem solchen vertreten und ihre Handlungen wurden auch nachträglich nicht genehmigt (es handelt sich dabei insbesondere um die Vertretung minderjähriger oder geschäftsunfähiger Personen).
- Derjenige, der im Schiedsverfahren im Namen der Partei oder ihres gesetzlichen Vertreters auftrat, war hierzu nicht bevollmächtigt und sein Handeln wurde auch nicht nachträglich genehmigt.
Wird der Antrag auf Einstellung der Vollstreckung der Entscheidung aus den oben angeführten Gründen eingereicht, so unterbricht das Gericht die Vollstreckung des Schiedsspruches und gibt dem Verpflichteten auf, innerhalb von dreißig Tagen bei dem zuständigen Gericht einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs einzureichen. Kommt der Verpflichtete dieser Aufforderung nicht nach, so setzt das Gericht die angeordnete Vollstreckung fort. Dazu muß jedoch angemerkt werden, daß die Partei einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs grundsätzlich innerhalb von drei Monaten ab dem Tag der Zustellung des Schiedsspruchs einreichen kann.
- bb) Ausländischer Schiedsspruch
Das Gericht erkennt einen ausländischen Schiedsspruch, d.h. einen in einem anderen Staat erlassenen Schiedsspruch, nicht an und verweigert seine Vollstreckung, wenn folgende Gründe gegeben sind:
- der Schiedsspruch ist nach dem Recht des Erststaates nicht rechtskräftig oder vollstreckbar,
- der Schiedsspruch ist mit einem Mangel behaftet, wegen dem die Aufhebung eines in der Tschechischen Republik verkündeten Schiedsspruchs beantragt werden kann (§ 31 des Gesetzes Nr. 216/1994 Slg.),
- der Schiedsspruch widerspricht der öffentlichen Ordnung (order public).
Das Verfahren über die Vollstreckung der Entscheidung von in- und ausländischen Schiedssprüchen richtet sich nach der tschechischen ZPO, wenn im Gesetz Nr. 216/1994 Slg. über Schiedsverfahren und die Vollstreckung von Schiedssprüchen, das hinsichtlich des ZPO lex specialis ist, nichts anderes festgelegt ist.
Hinsichtlich der oben genannten Gründe, die nach dem Gesetz Nr. 216/1994 Slg. zu einer Versagung der Anerkennung eines ausländischen Schiedsspruchs führen, gehen jedoch diesem Gesetz die multilateralen Übereinkommen vor, denen die CR insbesondere im Bezug auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen beigetreten ist, soweit der betroffene Schiedsspruch in den Anwendungsbereich eines solchen Übereinkommens fällt.